Zoogesellschaft berät über Zukunft

Wie geht es nach dem Renteneintritt von Zoodirektor Prof. Michael Böer ab Ende März 2020 im wissenschaftlichen Bereich des Osnabrücker Zoos weiter? Darüber diskutierten gestern die Teilnehmer der Mitgliederversammlung der Zoogesellschaft Osnabrück e.V. Am Ende stimmten sie einstimmig für das wissenschaftliche Leitungsteam und würdigten seine hervorragende Arbeit.

„Wir möchten uns heute mit der Zukunft des Zoos beschäftigen – das hatte ich Ihnen bei der letzten Mitgliederversammlung im September mit der Wahl des neuen Präsidiums versprochen. Insbesondere geht es uns um die zukünftige Aufstellung der wissenschaftlichen Abteilung“, begrüßte Dr. E.h. Fritz Brickwedde, Präsident des Zoovereins, die Anwesenden im Zentrum für Umweltkommunikation. „Über die Möglichkeiten werden wir heute abstimmen, um ein Meinungsbild der Vereinsmitglieder zu erhalten – das Ergebnis nimmt das Präsidium mit in den Aufsichtsrat, wo die finale Entscheidung gemeinsam mit der Stadt getroffen wird.“ Hintergrund: Der aktuelle Zoodirektor Prof. Michael Böer, der seit Juli 2012 als Prokurist im Zoo tätig ist, wird Ende März 2020 in den Ruhestand gehen. Geschäftsführer Andreas Busemann hatte mit dem früheren Präsidium die Lösung erarbeitet, dass ein Leitungsteam bestehend aus zwei wissenschaftlichen Kuratoren (Biologen), dem Zooinspektor und dem Tierarzt die Leitung des Tierbereichs übernimmt. „Dieses Modell konnten wir die letzten zwei Jahre testen und es hat sehr gut funktioniert – sowohl das wissenschaftliche Leitungsteam als auch die Mitarbeiter sind sehr zufrieden und die Arbeit läuft“, resümierte Busemann. „Das Team, das zwei Jahre hart dafür gearbeitet hat, verdient nun diese Chance und wir haben vollstes Vertrauen in sie. Die beiden Biologen werden dann Prokura erhalten.“ Plan war dieses Modell ab März 2020 zwei weitere Jahre zu testen, die Gespräche hierzu in den entsprechenden Gremien liefen. Zur letzten Vereinsversammlung im September mit Wahl des neuen Präsidiums sowie auch zur aktuellen wurden jedoch zwei Anträge aus Mitgliedskreisen eingereicht, einen Zoodirektor auf gleicher Position des Geschäftsführers und nicht wie seit 2012 als Prokurist einzustellen. Zoopräsident Brickwedde präsentierte deswegen bei der gestrigen Veranstaltung drei mögliche Modelle zur Abstimmung: Die wissenschaftliche Abteilung mit dem Leitungsteam auf Probe für die kommenden zwei Jahre, einen Zoodirektor als zweiten Geschäftsführer und einen Zoodirektor als Prokurist.

 

Vorstellung des wissenschaftlichen Teams

Damit die Anwesenden einen umfänglichen Einblick in die bisherige Arbeit des wissenschaftlichen Teams erhalten, stellten die Teammitglieder, allesamt langjährige Zoomitarbeiter, zunächst ihren Werdegang sowie ihre aktuellen Tätigkeitsbereiche vor: Mitarbeiterführung der Tierpfleger, Tierbestandsmanagement, Zusammenarbeit mit Behörden und Verbänden, Umsetzung von Artenschutzprojekten oder Projekten mit der Universität gehören zum Arbeitsbereich der studierten Biologen Tobias Klumpe und Andreas Wulftange. Beide arbeiten bereits seit über zehn Jahren im Zoo Osnabrück, seit 2012 als wissenschaftliche Assistenten, seit Anfang 2018 als Kuratoren in Leitungsfunktion. Zusätzlich zu ihrem Biologiestudium und einer Tierpflegerausbildung schlossen sie ihren Master im Bereich Management/Personalführung ab. Zooinspektor Thorsten Vaupel ist seit 1997 als Tierpfleger im Zoo Osnabrück tätig. 2005 erhielt er die Leitung des Raubtierreviers, seit 2011 zusätzlich die der nordischen Tierwelt „Kajanaland“, an deren Errichtung er maßgeblich beteiligt war. Seit 2012 stellvertretender Zooinspektor übernahm Vaupel die Position nun komplett, nachdem der bisherige Zooinspektor Hans-Jürgen Schröder Ende November 2019 in den Ruhestand eingetreten war. Zu seinen Aufgabenbereichen gehören die Führung des Wirtschaftshofs mit Gärtnern und Handwerken, Bauleitung, Beschaffung der Futtermittel und die Arbeits- und Tiersicherheit. Zootierarzt Thomas Scheibe behandelt seit über zehn Jahren die Tiere im Zoo Osnabrück und leitet seit zwei Jahren die Veterinärstation. Als Unterstützung sowie Urlaubsvertretung soll er im Rahmen des neuen Modells einen zweiten Tierarzt erhalten. Diese Vertretungsfunktion hatte bis dato Zoodirektor Prof. Michael Böer übernommen.

 

Positive Erfahrungen in den letzten zwei Jahren

„Das Team hat sich in den letzten Jahren wirklich toll zusammengefügt und sowohl der Betriebsrat als auch die Mitarbeiter sind von dem Modell überzeugt. Wir können nun nicht jemanden aus dem Team als Zoodirektor ausweisen, das würde die Teamstruktur kaputt machen. Wir müssten jemanden von außen holen – das bringt natürlich die nun gewachsene Struktur wieder durcheinander“, erläuterte Geschäftsführer Andreas Busemann. „Ich kann nachvollziehen, dass man aus der Geschichte der Zoos heraus denkt, man brauche einen offiziellen Zoodirektor. Prüft man die Sachlage, sieht man jedoch, dass unser Team die Arbeit in den letzten Jahren hervorragend erledigt hat.“ Auch der Bereich Wissenschaft und Artenschutz solle in Zukunft nicht zu kurz kommen, wie die Kuratoren berichteten: Die Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück und Universität Frankfurt zu Forschungsprojekten werde weiterlaufen und auch die Tierschutzvereine Euronerz, Sphenisco oder Rettet den Drill erhalten in Zukunft Unterstützung. Eine weitere wichtige Aufgabe von Zoos, die Umweltbildung, werde mit Aufklärungskampagnen der Zooverbände wie der EAZA, durch Artenschutztage oder Meeresschutzkampagnen nachgegangen.

 

30 Millionen Euro für die Tiere in den letzten 15 Jahren

Im Hinblick auf den Mitgliedsantrag, einen Zoodirektor als zweiten Geschäftsführer einzustellen, erläuterte Busemann: „Der Zoo Osnabrück erhält anders als die meisten Zoos nur einen marginalen kommunalen Zuschuss. Das heißt, wir müssen das Geld, um den Zoo betreiben zu können, erwirtschaften und das ist sehr schwer. Dreiviertel unseres Budgets machen Besuchereinnahmen aus, etwa 1 Million Euro erhalten wir jährlich durch Sponsoring und Fundraising – das muss erstmal in die Kasse kommen.“ Da Doppelspitzen die Leitung eines Betriebs eher erschweren, wäre dieses Modell ein großes finanzielles Risiko für den Zoo, seine Tiere und seine Mitarbeiter, so Busemann weiter. In der deutschen Zoowelt habe einzig der Zoo Köln eine derartige Doppelspitze, der Zoo erhalte aber auch 3 Millionen Euro Zuschuss jährlich und liege in einer Metropole mit zahlreichen Touristen. Das aktuelle Modell mit einem Kaufmann als Leiter und wissenschaftlicher Leitung als Prokurist habe als Struktur für die verschiedenen Bereiche in den vergangenen sieben Jahren sehr gut funktioniert. „Manche mögen denken, dass mir als Geschäftsführer nur das Geld wichtig ist. Und natürlich ist es mir das: für die Mitarbeiter und für die Tiere. Aber Tatsache ist doch: Geht es den Tieren im Zoo nicht gut, kommen auch keine Besucher und wir können den Zoo schließen. Deswegen stehen auch bei mir immer die Tiere im Fokus“, betonte Busemann. „So haben wir in den letzten 15 Jahren etwa 30 Millionen Euro am Schölerberg für die Verbesserung der Tierhaltung verwendet – mein Job war dabei, das Geld reinzuholen.“ Auch bei allen Events oder Marketingmaßnahmen stünde das Wohl der Tiere im Fokus, die Meinung der wissenschaftlichen Abteilung werde immer berücksichtigt und das werde auch in Zukunft so sein. „Wenn man auf die deutsche Zoowelt schaut, ist eine kaufmännische Leitung immer üblicher, eben auch weil Zuschüsse eher sinken, als steigen. Waren es vor fünf Jahren noch 20 Prozent, so sind es inzwischen schon 30 Prozent der europäischen Zoos, die von Kaufmännern geführt werden. Ansonsten verteilt sich die Leitung in den 115 untersuchten Zoos gleichmäßig auf Tierärzte, Zoologen und andere Berufsbilder“, berichtete Busemann.

 

Für die kommenden Jahre plant die Zooleitung aktuell eine Vergrößerung der Elefantenanlage sowie eine mögliche Wasserwelt für Seehunde, Seelöwen und Pinguine: „Hier ist das gesamte Leitungsteam eingebunden und jeder bringt seine Kompetenzen mit ein, ob für den Bereich der Tiere, der Technik und auch der Besucherinteressen. Das ist eine unglaublich wertvolle Zusammenarbeit – auch für mich als Geschäftsführer“, freut sich Busemann.

 

Abstimmung für Aufsichtsratssitzung

Nach der ausführlichen Präsentation des aktuellen Leitungsteams und Diskussionen kam es zur Abstimmung. Die Mitglieder sprachen sich einstimmig mit 155 Stimmen (ohne Enthaltungen) für das wissenschaftliche Leitungsteam aus. Viele der Anwesenden würdigten noch einmal ausdrücklich die bisherige Arbeit der Teammitglieder. Dies zeigte sich auch im Vorschlag eines Mitglieds, die Kuratoren zukünftig als „Leiter“ zu bezeichnen, den Geschäftsführer Busemann sofort aufgriff.  Die finale Entscheidung über den Aufbau fällt bei der nächsten Aufsichtsratssitzung mit den Vertretern der Stadt Osnabrück. Denn die Zoogesellschaft Osnabrück e.V. hält aktuell 95 Prozent an der Zoo Osnabrück gGmbH, die Stadt Osnabrück 5 Prozent. Dies verschiebt sich jedoch im neuen Jahr: Mit der zusätzlichen finanziellen Unterstützung in Form eines Agios in Höhe von 2 Millionen Euro verteilt auf die nächsten vier Jahre, erhält die Stadt in Kürze zusätzlich 20 Prozent an der Zoo Osnabrück gGmbH. „Wir, das Präsidium, bedanken uns bei Ihnen, dass Sie sich die Zeit für die Zukunft des Zoos genommen haben. Sie können sich sicher sein, dass ich Ihre Meinung beim Aufsichtsrat voll vertreten werde. Über den weiteren Fortgang halten wir Sie natürlich auf dem Laufenden“, schloss Präsident Brickwedde die Veranstaltung um kurz vor 23 Uhr. Da der Präsident des Vereins auch die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden der Zoo Osnabrück gGmbH innehat, war Brickwedde vor kurzem – nach seiner Wahl zum Präsidenten im September – auch zum Aufsichtsratsvorsitzenden ernannt worden. Seinen Posten als Beiratsvorsitzender der Zoo Osnabrück gGmbH legte er dafür nieder. Neue Beiratsvorsitzende ist Nancy Plaßmann, Vorstandsmitglied der Sparkasse Osnabrück.