Vielfraß- und Rentierzuwachs

In der nordischen Tierwelt „Kajanaland“ im Zoo Osnabrück kamen drei Vielfraße zur Welt und ein männliches Rentier ist eingezogen. Außerdem können die Besucher über den ersten Teil des neuen Höhenpfades Richtung Nashornanlage laufen und dort die grauen Riesen sowie die Fortschritte der Bauarbeiten an der Anlage beobachten.

Vor wenigen Wochen kam bei den Vielfraßen in der nordischen Tierwelt „Kajanaland“ gleich dreifacher Nachwuchs zur Welt. „Vielfraßweibchen Vilja verschwand zwischen dem 15. und 17. Februar immer wieder in der Wurfbox. Da war uns klar, dass die Geburt kurz bevorstand oder die Kleinen sogar schon da sind. Genauer können wir das Geburtsdatum aber nicht bestimmen, da die Wurfboxen nicht einsehbar sind“, erklärt Kerstin Seifert, Tierpflegerin und Revierleiterin von „Kajanaland“. „In den ersten Wochen ist der Nachwuchs nicht zu sehen, maximal zu hören. Sie verbringen die erste Zeit komplett in der Wurfbox“, berichtet Seifert. Vielfraße werden schneeweiß geboren. In den darauffolgenden Wochen verfärbt sich das Fell nach und nach, bis es dunkelbraun bis schwarz ist.   

Besuch vom Zootierarzt

In der vergangenen Woche fand schließlich die erste tierärztliche Untersuchung der Jungtiere statt. „Wir möchten die junge Familie anfangs nicht stören, deswegen warten wir mit der Untersuchung. Nach sechs bis acht Lebenswochen steht jedoch die Staupe-Impfung an. Vielfraße sind sehr wehrhafte Tiere und Mutter Vilja zeigt uns sehr deutlich, was sie davon hält, wenn wir sie für die Untersuchung von ihren Jungtieren trennen“, erklärt Andreas Wulftange, wissenschaftlicher Kurator im Zoo Osnabrück. Zootierarzt Thomas Scheibe untersuchte den allgemeinen Gesundheitszustand der drei Jungtiere, wog sie, impfte sie gegen Staupe und setzte ihnen einen kleinen Micro-Chip unter die Haut. „Mithilfe des Micro-Chips können die Tiere eindeutig identifiziert werden. Das ist wichtig, denn der Zoo Osnabrück nimmt am ‚Europäischen Erhaltungszuchtprogramm‘ für Vielfraße teil. Da müssen die Tiere eindeutig identifiziert werden, wenn sie zum Beispiel unter den am Programm teilnehmenden Zoos getauscht werden“, so der Biologe.

Bei der Untersuchung wurde auch das Geschlecht der Vielfraße ermittelt: Es sind zwei Weibchen und ein Männchen. Die Tierpfleger entschieden sich gemeinsam für die Namen Freja und Swantje für die Weibchen, das Männchen wurde Halvar getauft. Für die Vielfraßmutter Vilja (8 Jahre) und Vater Loki (9 Jahre) ist es bereits der fünfte Wurf. Mutter Vilja säugte die Jungtiere bislang. „Mittlerweile sind die ersten Milchzähnchen schon zu sehen und Vilja füttert die Kleinen neben Milch auch mit kleinen Fleischportionen, bis sie selbstständig fressen können“, erklärt Revierleiterin Seifert. Neben Vilja kümmert sich auch ihr etwa einjähriger Nachwuchs Odin um die Sprösslinge, der den Zoo Osnabrück demnächst in eine andere zoologische Einrichtung verlässt. „Odin soll zuvor die Jungaufzucht miterleben und von seinen Eltern lernen“, so Revierleiterin Seifert. Noch sind die drei Jungtiere in einem geschützten Bereich, der für Besucher nicht einsehbar ist. Doch schon bald wird der Vielfraßnachwuchs die Wurfbox verlassen und die große Anlage in der nordischen Tierwelt „Kajanaland“ erkunden.

Neuer Rentierbock eingezogen

Gegenüber vom Zuhause der Vielfraße zog Ende März Casimir, ein neuer Rentierbock aus dem Wisentgehege Springe, ein. Casimir teilt sich nun das Gehege mit sechs weiblichen Rentieren und bald den fünf Guteschafen. „Der ausgeprägte Herdentrieb von Rentieren erleichterte uns die Zusammenführung der Tiere. Wir ließen Casimir zuerst in ein abgetrenntes Gehege, in dem er die Weibchen bereits sehen konnte. Schon nach kurzer Zeit zeigte er reges Interesse an den anderen Tieren und so ließen wir sie schnell zusammen“, berichtet Seifert. Auf ihrer Anlage leben die Rentiere eigentlich mit den Guteschafen zusammen, die aber momentan einen abgetrennten Bereich der Anlage nutzen. „Casimir soll die Schafe erst langsam kennenlernen, bevor wir wieder beide Tierarten zusammenlassen. Trotz ihrer Größe haben Rentiere einen großen Respekt vor den Schafen, die tatsächlich auf der Anlage den Ton angeben“, schmunzelt Seifert. Eine Besonderheit der Rentiere ist, dass bei dieser Hirschart beide Geschlechter ein Geweih tragen. Weibchen werfen ihr Geweih im Frühjahr und Männchen im Herbst ab. Das Geweih wächst jedes Jahr wieder nach. Wer mehr über die Rentiere erfahren will, kann in den Ferien täglich um 14:45 Uhr den Zoopädagogen bei einer Fütterung zuhören, die dabei Wissenswertes über die Huftiere berichten.

Teileröffnung des Höhenpfades zur Nashornanlage

Eine weitere Neuerung in „Kajanaland“ ist die Eröffnung des ersten Teilstücks des neuen Höhenpfades, der vom Luchsgehege in der nordischen Tierwelt entlang des  Nashorngeheges Richtung Zoo-Gaststätte führen wird. Seit Ende 2018 wird das Gehege und der Stall der Nashörner vergrößert, um den Außenbereich von derzeit 2.600 Quadratmeter um über 500 Quadratmeter zu erweitern. „Der neue Höhenpfad ermöglicht uns, die darunter liegenden, ehemaligen Besucherwege in die Anlage zu integrieren. Damit steht den Tieren mehr Platz zur Verfügung und die Besucher haben gleichzeitig tolle Einblicke in die Anlage“, berichtet Hans-Jürgen Schröder, Zooinspektor des Zoos Osnabrück. Der 4,5 Meter hohe Höhenpfad wird eine Gesamtlänge von 125 Metern erreichen und komplett stufenfrei sein – und ist damit auch für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen geeignet. „Bereits jetzt bietet der erste Teil des Pfades tolle Einblicke auf die Dickhäuter, den neu gestalteten ersten Gehegebereich und die Bauarbeiten im zweiten Gehegebereich. Der Abstecher lohnt sich also für die Besucher“, betont Schröder. Die Nashornanlage ist Teil der afrikanischen Tierwelt „Mapungubwe“, zu der auch das Löwengehege gehört. Dieses wird ab Ende des Jahres umgebaut.


Wissenswertes zum Vielfraß (Gulo gulo)

Der rund 1 Meter lange und bis über 20 Kilogramm schwere Vielfraß ist ein außerordentlich kräftiges Tier, dem unter gewissen Umständen sogar ausgewachsene Elche zum Opfer fallen können. Auch wenn die Nahrung im Winter knapp ist, macht der Vielfraß keine Winterruhe, sondern läuft mit seinen breiten Tatzen täglich lange Strecken um Beute zu machen oder Aas zu finden. Zwischen Januar und April werden in einem Bau ein bis vier Jungtiere geboren, die bis zum Herbst bei der Mutter bleiben. Weltweit gilt der Vielfraß als nicht gefährdet, in Europa wird er aber von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als gefährdete Art eingestuft.

Wissenswertes zum Rentier (Rangifer tarandus)

Rentiere leben im Sommer in der Taiga und im Winter in der Tundra in Nordeurasien, Nordamerika, Grönland und anderen arktischen Inseln. Die Natur hat das Ren mit vortrefflichen Eigenschaften ausgestattet, um das Klima arktischer und subarktischer Zonen gut zu überstehen. Es besitzt ein sehr dichtes Haarkleid. Auf den ungewöhnlich breiten, zweigespaltenen Hufen, natürlichen Schneetellern, eilt das Ren fast schwerelos über den sumpfigen Boden oder tiefen Schnee. Dabei ist ein eigentümliches Knacken im Fußbereich zu hören. Lange Zeit wurde angenommen, dass die Hufe aneinander schlagen würden. Das typische Geräusch wird jedoch durch eine besondere Aufhängung von Sehnen im Fußbereich hervorgerufen. Eine weitere Besonderheit: Rentiere sind die einzige Hirschart, bei welcher beide Geschlechter ein Geweih besitzen, wobei das des Männchens wuchtiger und stärker ausgebildet ist. Es ist der einzige von Menschen als "Haustier" gehaltene Hirsch. Neben Milch mit 22 Prozent Fettgehalt – Kuhmilch hat lediglich circa fünf Prozent – liefert das Ren Fleisch und Häute.

Wissenswertes zum Baugeschehen

Der Umbau der Nashornanlage für 1,5 Millionen Euro ist Teil der afrikanischen Tierwelt „Mapungubwe“, zu der auch die Löwenanlage gehört. Diese soll ebenfalls bis 2020 vergrößert und mit einem Höhenpfad für die Besucher ausgestattet werden. Der Umbau der Nashornanlage soll im Sommer 2019 beendet sein. Ende 2019 soll der Umbau der Löwenanlage starten, für den der Verein „Löwen für Löwen“ Spenden sammelt. Der Umbau der Löwenanlage kostet 2,5 Millionen Euro, womit die Vergrößerung des Löwengeheges inklusive Höhenpfad finanziert werden. Das Löwenrudel hat dann rund drei Mal so viel Platz und auch Löwennachwuchs wird wieder möglich sein. Der Umbau wird unterstützt mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in Höhe von 1 Million Euro.