Tierische Kunst von Elefantenkuh Sita

Kleine und große bunte Farbkleckse auf einer weißen Leinwand: Die siebenjährige Elefantenkuh Sita im Osnabrücker Zoo „bläst“ mit ihrem Rüssel Bilder – entstanden ist die Idee beim medizinischen Training mit Tierpflegern und Biologen. Aus dem Erlös der Bilder gehen 10 Prozent an ein Artenschutzprojekt für Asiatische Elefanten.

„Und: blow!“ ruft Andreas Wulftange, wissenschaftlicher Kurator im Zoo Osnabrück, der jungen Elefantenkuh Sita zu. Sita steht in einem abgetrennten Bereich des Innenstalls und streckt ihren Rüssel durch die Metallstäbe des Tors. Wulftange hält den Rüssel in der Hand und richtet ihn auf eine Leinwand, die bereits bunte Farbkleckse trägt. Sita bläst kräftig aus ihrem Rüssel und weitere Farbklekse bedecken das Bild. Zur Belohnung gibt es anschließend leckere Pellets.

 

Seit Kurzem ist die sieben Jahre alte Asiatische Elefantenkuh unter die Künstler gegangen. Wulftange erklärt, wie es dazu kam: „Wir führen eh täglich das sogenannte ‚Medical Training‘ mit den Elefanten durch. Dabei trainieren wir verschiedene Kommandos, mit deren Hilfe Tierarztbesuche oder Fußpflege für die Tiere und uns einfacher und entspannter werden“. Eine Übung aus dem Medical Training ist dabei die Rüsselspülung: „Wir füllen etwa einen halben Liter Wasser in den Rüssel, der nicht mit dem Rachenraum verbunden ist. Der Elefant muss dann den Rüssel hochhalten, damit das Wasser einmal die Schleimhäute entlangläuft. Das Wasser verbleibt dann ein bis zwei Minuten im Rüssel. Danach geben wir das Kommando ‚blow‘ und der Elefant bläst kräftig das Wasser aus. Wir fangen das Wasser auf, indem wir einen Auffangbeutel vor den Rüssel halten.“ Das Kommando wird trainiert, damit die Tierpfleger das Wasser auffangen und untersuchen lassen können. Auf diesem Weg können Krankheiten festgestellt werden – ein für die Elefanten und Tierpfleger angenehmer Weg. Für die Elefanten sei das Training eine Abwechslung im Alltag und werde auf freiwilliger Basis durchgeführt. Bestrafungen gibt es nicht und hat ein Elefant keine Lust auf das Training, fällt es aus. „Meistens haben sie aber viel Spaß daran, denn zum einen sind Elefanten sehr lernfreudig und zum anderen bekommen sie beim Training Leckerlis – die wollen sie sich nicht entgehen lassen“, schmunzelt der Biologe.

 

Tierische Künstler am Schölerberg

Über den Menschenaffen Buschi kam Wulftange beim Elefantentraining die Idee, auch mit den Dickhäutern zu „malen“. Unweit der Asiatischen Elefanten lebt der Osnabrücker Orang-Utan Buschi, der bereits seit mehreren Jahren unter die Künstler gegangen ist: Er malt mit Pinseln und Fingerfarben Bilder auf Leinwände. Dem Orang-Utan wird diese Abwechslung in unregelmäßigen Abständen als Beschäftigung angeboten. Der Erlös der Bilder ging an den Umbau und die Vergrößerung des Orang-Utan Dschungeltempels, später an den Umbau der Löwenanlage. Der Biologe und gelernte Tierpfleger mischte die lebensmittelechten Fingermalfarben in das Wasser und testete aus, ob die Idee umsetzbar ist und die Elefanten mitmachen möchten. Die Farben wählen und mischen Wulftange und die für die Elefanten zuständigen Tierpfleger, die Größe der Farbspritzer variieren je nachdem, wieviel Kraft Elefantenkuh Sita anwendet. „Die Farben sind ungiftig und lebensmittelecht, also ohne gesundheitliche Auswirkungen – auch Orang-Utan Buschi nutzt sie zum Malen. Für Sita macht es nicht wirklich einen Unterschied, ob die Farbe mit im Wasser ist oder nicht, da braucht man sich keine Sorgen zu machen. Trotzdem wollen wir Sita nur ab und zu malen lassen, denn für uns steht das Training im Vordergrund.“ Beim „Malen“ nehme Sita nur wenig eingefärbtes Wasser mit ihrem Rüssel auf, erklärt der Biologe weiter: „Wir nutzen nur etwa eine Handvoll Wasser, das auch nicht den gesamten Rüssel entlangläuft, sondern nur eine Handbreit.“ Nach dem „Malen“ werde der Rüssel manchmal ausgespült oder Sita übernimmt dies beim nächsten Trinken, so Wulftange.

 

Bilder für Tierwohl und Artenschutz

Elefanten- und Kunstfans können die besonderen Bilder nun im Online-Shop des Zoos für den guten Zweck erwerben. Denn mit dem Erlös werden sowohl die Tiere im Zoo unterstützt als auch die Tiere in der Wildbahn: „Der Zoo Osnabrück finanziert sich so gut wie selbst, was für einen Zoo sehr schwierig ist. Wer ein Bild kauft, erhält damit nicht nur ein besonderes Unikat, sondern hilft uns auch die Tierhaltung zu verbessern – nicht zuletzt den Elefanten, denn die Vergrößerung der Elefantenanlage ist ja auch für die Zukunft geplant. Zudem unterstützten wir mit jedem Bild den Artenschutz, denn einen Teil des Erlöses spenden wir an ein Artenschutzprojekt für Asiatische Elefanten“, so der Kurator. Von jedem Bild gehen 10 Prozent an das Artenschutzprojekt „Hilfe für die Asiatischen Elefanten“ des WWF. Der WWF setzt sich mit diesem Projekt für Elefanten in Thailand ein und pflanzt dort Grasland und Futterbäume und bildet Ranger aus, die die Elefanten vor Wilderern schützen.

 

Sita einzige „Künstlerin“

Derzeit ist Sita die einzige „Künstlerin“ unter den Osnabrücker Elefanten, denn sie beherrscht das Training am besten. „Sie freut sich immer über neue, interessante Aufgaben. Sita ist noch etwas verspielt, aber nicht mehr so verspielt wie Minh-Tan“, schmunzelt Wulftange. Der zweijährige Elefantenbulle macht zwar schon mit beim Training, kann sich aber noch nicht so lang konzentrieren wie seine große Schwester. Mutter Douanita sowie Zuchtbulle Luka machen nicht so gerne Aufgaben „außer der Reihe“.

 

Die Unikate aus Fingerfarbe auf Leinwand der Elefantenkuh Sita messen beispielsweise 50 x 50 Zentimeter (149 Euro) und sind ab sofort im Online-Shop des Zoo Osnabrück erhältlich: https://shop.zoo-osnabrueck.de


Wissenswertes zu Asiatischen Elefanten (Elephas maximus)

Asiatische Elefanten sind etwas kleiner als Afrikanische, erreichen aber trotzdem eine Körpergröße von drei Metern und ein Gewicht von bis zu sechs Tonnen. Sie sind die größten Landsäugetiere Asiens. Asiatische Elefanten ernähren sich von Ästen, Blättern, Baumrinden, Wurzeln, Früchten und Gräsern und benötigen täglichen Zugang zu Wasser. Sie leben überwiegend in Regenwäldern und immergrünen Laubwäldern. Die Tragzeit eines Asiatischen Elefanten dauert fast zwei Jahre und das Junge kommt meist mit mehr als 100 Kilogramm Körpergewicht auf die Welt. Die Dickhäuter leben in Herden, bestehend aus Weibchen zusammen mit ihrem Nachwuchs. Alte Bullen leben als Einzelgänger, junge hingegen in Junggesellengruppen. Von der Weltnaturschutzorganisation IUCN wird der Asiatische Elefant als „stark gefährdet“ eingestuft.

 

Wissenswertes zum Projekt „Hilfe für die Asiatischen Elefanten“ des WWF

Asiatische Elefanten sind besonders durch Wilderer bedroht. Auf ihrer Nahrungssuche geraten sie häufig auf Plantagen und geraten so in Konflikt mit Menschen. Der WWF pflanzt Futterbäume und Grasland für die Elefanten. Außerdem bildet er Ranger aus, die Tag und Nacht durch das Gelände patrouillieren, die Elefanten von den Plantagen vertreiben und sie vor Wilderern schützen.

 

Zusätzlich trägt die ständige Anwesenheit von Wildhütern im Kui Buri Nationalpark Früchte: Seit 2006 musste dort kein Elefant mehr durch Wilderer sterben.

Mehr Infos: https://www.wwf.de/spenden-helfen/fuer-ein-projekt-spenden/asiatische-elefanten/