Mehr als ein Ausflugsziel: Artenschutz im Zoo

Er ist eine der Kernkompetenzen zoologischer Gärten, doch viele wissen nicht, wie viele Aufgaben sich dahinter verbergen: der Artenschutz. Im Zoo Osnabrück werden seit neuestem Feldhamster für die Auswilderung großgezogen und weitere Artenschutzorganisationen unterstützt.

„Wenn wir über Artenschutz sprechen, ist zunächst der Unterschied zwischen in situ und ex situ Artenschutz wichtig“, sagt Andreas Wulftange, zoologischer Leiter im Zoo Osnabrück. „In situ bedeutet, dass Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum geschützt werden, ex situ, dass der Schutz außerhalb dieses Raumes stattfindet, zum Beispiel in Zoos.“ Beide Bereiche sind eng miteinander verbunden. Wie eng, beschreibt der Biologe Wulftange am Beispiel von Feldhamstern, die offiziell als vom Aussterben bedroht gelten. „Wir beteiligen uns seit diesem Jahr neu an einem Projekt zur Auswilderung von Feldhamstern in Deutschland. Aktuell haben wir elf Feldhamster aus einer Zucht des Opel-Zoo in Kronberg, die im zurzeit geschlossenen Besucherbereich des Klammeraffenhauses untergebracht sind und die wir hier großziehen“, erklärt Wulftange. „Die Feldhamster sollen zum Frühjahr in einem ausgewiesenen Gebiet in Hessen ausgewildert werden. Dort leitet die Untere Naturschutzbehörde vor Ort das Projekt und weist in enger Absprache unter anderem mit Landwirten entsprechende Auswilderungsräume aus, in denen zuvor genau untersucht wurde, ob sie ein geeigneter Lebensraum für die Tiere sind.“

Im Zoo leben die elf Feldhamster in großen, geräumigen Boxen. Jeder Hamster in seiner eigenen, denn außerhalb der Paarungszeit greifen sich die strikten Einzelgänger gegenseitig an. Die Feldhamster in Osnabrück sind ein Teil des hessischen Auswilderungsprojekts. „Die Zucht wird im Opel-Zoo koordiniert, die Auswilderung von der Naturschutzbehörde. Dort können sie aber nicht alle Tiere großziehen, weshalb wir dauerhaft in das Projekt eingestiegen sind“, erklärt Wulftange. „Zusätzlich werden wir demnächst auch in Osnabrück Feldhamster für die Auswilderung direkt züchten. So entsteht ein weiteres Standbein, falls in Kronberg einmal aufgrund von Krankheiten oder aus anderen Gründen keine Feldhamster geboren werden.“ Dafür wird hinter den Kulissen aktuell umgebaut. Nach den Umbaumaßnamen wird der Besucherbereich im Klammeraffenhaus wieder für Besucher zugänglich sein. „Zusätzlich können unsere Besucher drei Feldhamster im ‚Unterirdischen Zoo‘ entdecken und mehr über sie lernen“, so Wulftange. Gleichzeitig ermöglicht die Haltung der Tiere in Zoos neue Erkenntnisse über ihr artspezifisches Verhalten zu sammeln, was für einen dauerhaften Auswilderungserfolg wichtig ist.

Artenschutz außerhalb des Zoos

„Nicht immer gehen ex situ und in situ so Hand in Hand wie bei den Feldhamstern: Viele Tiere können wir zum Beispiel in Osnabrück halten, aber zurzeit nicht auswildern“, erklärt Tobias Klumpe, ebenfalls zoologischer Leiter im Zoo Osnabrück. Zwar gilt die Zucht gefährdeter Arten in Zoos als besonders wichtig, damit es eine Reservepopulation an sicheren Orten gibt, allerdings ist die Auswilderung vieler Tiere schwierig. „Hauptgrund für den Rückgang der meisten Populationen ist nach wie vor der Mensch mit Nutzungskonflikten wie Urbanisierung und Landwirtschaft oder eben Wilderei. Tiere benötigen geschützte Räume, das ist für viele Arten aber schwieriger als beim Feldhamster, da die Räume deutlich größer sein müssen“, so Klumpe. Bevor die Population wieder steigen kann, muss also zunächst der Lebensraum geschützt werden. „Insgesamt möchten wir hierbei zusammen mit anderen Zoos den ‚One Plan Approach‘ umsetzen, der ex situ und in situ Artenschutz langfristig eng miteinander verknüpft.“ Der Zoo Osnabrück unterstützt darum verschiedene Organisationen, die sich für den Schutz gefährdetet Tiere vor Ort einsetzen. Erstmals stellt der Zoo hierfür nun ein festes Budget von 10.000 Euro zur Verfügung, mit dem weitere Artenschutzorganisationen wie „Save the Rhino“, „WildCats Conservation Alliance“, „Stiftung Artenschutz“ oder ab 2022 dem „Borneo Sintang Orangutan Center“ unterstützt werden. Mittelfristig soll das Budget auch mit verschiedenen Charity-Aktionen ausgeweitet werden. „Auch, wenn für den Start 10.000 Euro jährlich nur ein kleiner Beitrag für die riesige Aufgabe Artenschutz ist, ein festes Budget zu haben ist für uns ein großer Fortschritt, den wir uns erst einmal erarbeiten mussten. Der Zoo Osnabrück finanziert sich nämlich fast vollständig selbst und jeden Euro, den wir ausgeben, müssen wir erst einmal verdienen“, so Klumpe.

Bildung für Artenschutz

Darüber hinaus vermitteln Zoos Artenschutz auch durch Bildungsangebote: In der Zooschule des Zoo Osnabrück wird Kindern bereits seit 45 Jahren beigebracht, warum Natur und Artenschutz wichtig ist und was jeder und jede einzelne dafür tun kann. Gleichzeitig macht der Zoo auch auf dem Gelände Besucher auf Artenschutzprojekte aufmerksam, wie Klumpe sagt: „Am 22. September war zum Beispiel der Weltnashorntag und unsere Besucher konnten am Nashorngehege an einem Aktionsstand Merchandising Produkte von ‚Save the Rhino‘ kaufen oder direkt an die Organisation spenden. Unsere FÖJ-ler haben die Aktion als Teil ihres Freiwilligendienstes organisiert.“ Eine ähnliche Aktion hatte es bereits zum Tag des Drills für „Rettet den Drill e.V.“ gegeben. Zudem stehen im Zoo Osnabrück an einigen Stellen Spendenboxen für verschiedene Artenschutzprojekte. In den kommenden Wochen wird der Zoo auch über seine Social-Media-Kanäle verstärkt auf das Thema Artenschutz aufmerksam machen. Denn obwohl Artenschutz auch im Zoo Osnabrück ein ständiges Thema ist, dringt bislang zu selten nach außen, was dabei eigentlich geschieht.


Überblick unterstützte Artenschutzprojekte im Zoo Osnabrück

 

Feldhamster Opel-Zoo

Der Zoo Osnabrück engagiert sich seit 2021 in einem Projekt zur Auswilderung der bedrohten Feldhamster. Das Projekt ist am Opel-Zoo in Kronberg angesiedelt und wird von der unteren Naturschutzbehörde koordiniert. Der Zoo Osnabrück zieht Nachzuchten für die Auswilderung groß und möchte auch selbst Feldhamster für das Projekt züchten. Die Feldhamster werden in ausgewählten Gebieten in Hessen ausgewildert.
https://www.opel-zoo.de/de/news__358/NewsDetail__2301/

Sphenisco – Schutz des Humboldt-Pinguins e.V.

Sphenisco setzt sich für den Schutz von Humboldt-Pinguinen in Chile und Peru ein. Der Verein möchte in Zusammenarbeit mit Naturschützern und Wissenschaftlern dazu beitragen den Humboldt-Pinguin vor der Ausrottung zu bewahren. Dazu sollen vor Ort Schutzgebiete für Brutkolonien und den Lebensraum von Humboldt-Pinguinen geschaffen werden. Der Zoo Osnabrück gehört zu den Gründungsmitgliedern von Sphenisco.
https://www.sphenisco.org/de/

EuroNerz e.V.

Der Verein zur Erhaltung des Europäischen Nerz hat sich 1998 in Osnabrück gegründet und verfolgt das Ziel einer Wiederansiedlung des Europäischen Nerz in Deutschland und Europa. Der Zoo Osnabrück nimmt regelmäßig trächtige Nerzweibchen bei sich auf, die im Zoo geschützt ihre Jungen aufziehen, damit diese später ausgewildert werden können. Unter anderem hat der Zoo 2021 EuroNerz e.V. mit einer Spende über 3.000 Euro für den Bau einer neuen Zuchtstation unterstützt.
https://www.euronerz.de/

Sintang Orangutan Center (ab 2022)

Das Sintang Orangutan Center rettet Orang-Utans aus schlechter Haltung, die zum Beispiel als Haustiere oder zu Unterhaltungszwecken gehalten wurden. Diese Tiere müssen das Leben in der Natur erst erlernen, wobei ihnen die „Forrest School“ des Sintang Orangutan Center hilft. Orang-Utans, die aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht mehr alleine in der Natur überleben können, finden im Sintang Orangutan Center eine dauerhafte Heimat.
http://soc.or.id/

WWF

Der natürliche Lebensraum des Asiatischen Elefanten ist mittlerweile durch menschliche Siedlungen und Plantagen stark bedroht. Der Nationalpark Kui Buri in Thailand schützt zahlreiche Elefanten vor Wilderei und Konflikten mit Menschen. Gleichzeitig wird die Bevölkerung vor Ort als Partner für den Umweltschutz gewonnen und in nachhaltiger Landwirtschaft geschult. Gemeinsam mit dem WWF, einer der bekanntesten Natur- und Umweltschutzorganisationen weltweit, unterstützt der Zoo Osnabrück den Nationalpark und setzt sich für den Schutz des Asiatischen Elefanten ein.
www.wwf.de

WildCats Conservation Alliance

Der Sumatra Tiger ist die kleinste und dunkelste Tigerart und auf der indonesischen Insel Sumatra beheimatet. Aktuell leben nur noch etwa 371 Tiere in der Wildbahn – daher wird der Sumatra Tiger als „vom Aussterben bedroht“ auf der Roten Liste der IUCN geführt. Um ein Aussterben zu verhindern, engagiert sich die WildCats Conservation Alliance für eine Kombination aus Schutz (u.a. durch die Ausbildung von Rangern) und Aufklärung von Bevölkerung, Politik und religiösen Führern. Der Zoo Osnabrück unterstützt die WildCats Conservation Alliance, um ein Aussterben des Sumatra Tigers zu verhindern.
www.conservewildcats.org

Stiftung Artenschutz

Wir befinden uns laut NABU mitten im sechstgrößten Artensterben der Menschheitsgeschichte. Mittlerweile kämpfen viele Vereine und Organisationen dagegen an, dass einzelne Tierarten für immer aussterben. Der Schwerpunkt kann hierbei meist nur punktuell gesetzt werden. In einem umfassenderen Ansatz setzt sich daher die Stiftung Artenschutz in Zusammenarbeit mit Zoologischen Gärten, Tierparks und Umweltschutzorganisationen dafür ein, dass auch Tierarten, die bisher wenig Beachtung fanden, Schutz erfahren. Als Mitglied des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ) setzt sich der Zoo Osnabrück gemeinsam mit der Stiftung Artenschutz für den Erhalt der weltweiten Artenvielfalt ein.
www.stiftung-artenschutz.de

Rettet den Drill e.V.

Laut IUCN ist der Drill eine der am stärksten bedrohten Affenarten Afrikas. Insbesondere durch Wilderei und die Zerstörung ihres Lebensraums sinkt die Population des Drills in den letzten Jahren immer mehr. Die Initiative Rettet den Drill e.V. unterstützt unter anderem die Organisationen PANDRILLUS in Calabar, das Afi-Mountain-Reservat in Nigeria sowie das Limbe Wildlife Center in Kamerun, die sich, teils unter lebensbedrohlichen Bedingungen, für den Schutz des Drills einsetzen. Der Zoo Osnabrück ist einer von aktuell nur sechs Zoos in Deutschland, in denen Drills leben. Er unterstützt den Verein Rettet den Drill e.V., um die afrikanische Primatenart auch in der Wildbahn zu erhalten.
www.rettet-den-drill.de