Jetzt geht’s los für die „Wasserwelten“

8 Millionen Euro für 5.000 Quadratmeter „Wasserwelten“ – das neue Bauprojekt ist ein weiterer Meilenstein für den Zoo Osnabrück. Hier bekommen Seehunde, Seelöwen, Rosa-Pelikane und Humboldt-Pinguine im Sommer 2022 ein neues Zuhause. Bis es soweit ist, steht noch viel Arbeit an. Der erste, offizielle „Spatenstich“ wurde heute getan. Gleichzeitig hofft der Zoo, dass es mit der neuen Corona-Landesverordnung weiterhin keine Testpflicht in Gebieten mit einer Corona-7-Tage-Inzidenz unter 100 gibt.

„Als das bisherige Seelöwenbecken 1973 eröffnet wurde, war das ein ganz besonderes Highlight. Der Zoo und alle Osnabrücker waren sehr stolz, das große Projekt für damals 500.000 Euro realisieren zu können – auch wenn die Seelöwen erst 1984 einzogen. Heute ist das Becken mehr als in die Jahre gekommen und wir wollen es seit langem modernisieren“, so Dr. E.h. Fritz Brickwedde, Präsident der Zoogesellschaft Osnabrück e.V. Dem Zoopräsidenten ist auch der Umweltaspekt der Investition besonders wichtig. „Mit der neuen Filteranlage sparen wir jährlich über 15 Millionen Liter Wasser, da wir statt einmal in der Woche nur noch einmal im Jahr das Wasser austauschen müssen.“ Doch gerade die Technik macht die Haltung von Wassertieren besonders teuer, deswegen verhalf erst eine Erbschaft dem Zoo das Projekt anzugehen, wie Zoogeschäftsführer Andreas Busemann berichtet: „Wir haben die ‚Wasserwelten‘ bereits vor der Corona-Zeit geplant, finanziert mit 2 Millionen Euro durch die Erbschaft von Maria Ahrens, 2 Millionen Euro durch das Land Niedersachsen mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und einem Kredit.“ Die Freude über die großzügigen Hilfen wuchs noch einmal in der vergangenen Woche: „Wir haben erfahren, dass das Land die Förderung von 2 Millionen Euro auf 2,8 Millionen Euro aufgrund der Corona-Situation erhöht – die Finanzierung wäre sonst gefährdet gewesen. Dafür bedanken wir uns herzlich bei dem Niedersächsischen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann“, so der Geschäftsführer.

Nordische Erlebniswelt mit Unterwassereinsichten

Nachdem nun die Fläche, wo früher die Gehege der Humboldt-Pinguine, der Rosa-Pelikane und das NOZ-Kinderland lagen, dem Erdboden gleichgemacht wurde, starten in Kürze die Bauarbeiten. Kieran Stanley, Architekt der „Wasserwelten“ von der dan pearlman Erlebnisarchitektur GmbH, beschreibt die neue Tierwelt beim Spatenstich: „Die zoologische Grundidee ist natürlich den Tieren eine artgerechte Heimat mit großen Gehegen zu errichten. Darüber hinaus erschaffen wir eine nordische Erlebnislandschaft mit Dünen, Kunststrand und Felsen sowie einer Architektur und Bepflanzung abgeleitet von Nordküsten, damit die Besucher in diese Welt eintauchen und ein Teil von ihr werden können.“ Auch ein weiterer Spielbereich wird in maritimer Optik errichtet. Technik und Stallungen werden als nordische Fischerhütten in die Landschaft eingebettet. Eine besondere Herausforderung, die gleichzeitig eine Besonderheit der Themenwelt ausmacht, war die Integration von neuen Bereichen in die bestehenden, wie die bisherige Gastronomie. „Hier entstehen Synergieeffekte. Von der Terrasse der Zoo-Gaststätte können Besucher auf die ‚Wasserwelten‘ schauen, das ist natürlich toll. Ein weiteres Highlight sind die Unterwassereinsichten. Unterhalb einer Mole mit Leuchtfeuer können die Besucher zwischen Seelöwen und Seehunde quasi abtauchen und ein Teil der Unterwasserwelt werden – das alles natürlich barrierefrei.“

Sechs Becken für Seehunde und Seelöwen

Bis es soweit ist, müssen noch über 4.500 Kubikmeter Erde abtransportiert werden. Denn für Seelöwen und Seehund werden insgesamt sechs Becken gebaut, drei für jede Tierart, die miteinander verbunden werden. Damit beginnen auch die Bauarbeiten, wie Thorsten Vaupel, technischer Leiter im Zoo Osnabrück, berichtet: „Mitte Mai wird ein imposanter Baukran aufgestellt, der für die jeweiligen Arbeiten auf dem gesamten Baugelände genutzt werden kann. Als erstes werden dann die Wasserbecken ausgehoben, bis zu vier Meter tief muss dafür gegraben werden. Die Erde wird größtenteils abtransportiert. Dann wird die Technik verlegt und die Becken werden gegossen.“ Darauf folge der Ausbau mit Verkleidung, Holzbau, Technik und Filteranlagen. Ganz zum Schluss verleiht der Landschaftsbau mit Betonfelsen und thematisch passender Bepflanzung den „Wasserwelten“ ihr charakteristisches Äußeres. Gesteuert wird der Bau über das Planungsbüro Rohling (pbr) in Osnabrück. Gerade in den nächsten Wochen kann es wegen der Bodenarbeiten für die Becken zu vermehrten Verkehr am Wanderweg kommen, der am Schölerberg um den Zoo führt: „Die Baustellenzufahrt kreuzt den Wanderweg, dafür wurde extra eine Ampelanlage installiert. Die LKW-Fahrer müssen einen Knopf drücken, nach 30 Sekunden schaltet sich ihre Ampel auf Grün und sie können den Wanderweg passieren. Die Wanderer und Spaziergänger erhalten gleichzeitig ein rotes Haltesignal“, beschreibt Vaupel die Situation vor Ort.

Die Tiere der „Wasserwelten“

Die tierischen Bewohner der neuen Themenlandschaft leben alle bereits im Zoo Osnabrück und erhalten in ihrem neuen Zuhause zwischen drei- und fünfmal so viel Platz. So übertreffen die neuen Anlagen, die auch mit dem Veterinäramt abgestimmt werden, die Angaben im Säugetiergutachten. Andreas Wulftange, zoologischer Leiter für die „Wasserwelten“, erklärt: „Während die Seelöwen von dem Bau nicht beeinträchtigt sind, sondern einfach in ihrem alten Becken im Zoozentrum bleiben können, mussten wir die anderen Arten teilweise umsetzen: Die Humboldt-Pinguine leben bereits in einer Voliere neben der Zoo-Gaststätte, die Rosa-Pelikane nutzen ihr Haus vom Winterquartier und einen kleineren, provisorischen Außenbereich, der Teil ihres alten Geheges war.“ Die Seehunde können noch in ihrem Becken bleiben, auch wenn es später Teil der „Wasserwelten wird“: „Hier ziehen später die Humboldt-Pinguine ein. Momentan haben wir am Beckenrand zusätzliche Holzplatten befestigt, damit die Tiere möglichst wenig von den Bauarbeiten gestört werden. Jungtier Bente und Weibchen Biene sind ganz gelassen, Männchen Max ist etwas unruhiger, aber die Bauarbeiter nehmen natürlich auch Rücksicht auf die Tiere, fahren in Beckennähe langsamer und machen immer wieder Pausen“, so der Biologe.

Fertigstellung bis Sommer 2022

Der Zeitplan für die „Wasserwelten“ ist ambitioniert – den Grund hierfür erläutert Zoogeschäftsführer Andreas Busemann: „Da sowohl die Erbschaft als auch die Förderung des Landes vorgibt, dass die Fertigstellung bis Ende Juni 2022 erfolgt sein muss, ist das unsere Zielgerade.“ Architekt Kieran Stanley ist optimistisch: „Es ist zwar eine zeitliche Herausforderung und ein komplexes Projekt, da Neues in Altes integriert werden muss, gleichzeitig sollen natürlich die Qualität und Kosten stimmen. Aber diese Anforderungen sind unser Kerngeschäft, wir sind gut organisiert und vorbereitet.“ Auf die Besucher wartet auf jeden Fall ein großes neues Highlight, das rein vom Budget das zweitgrößte Projekt nach der afrikanischen Tierwelt „Takamanda“ darstellt.

Zoo macht Verluste durch Besucherobergrenze und Testpflicht

Während die Bauarbeiten für die „Wasserwelten“ starten können, hofft der Zoo Osnabrück, dass mit den Anpassungen der Corona-Verordnungen, die ab dem 10. Mai gelten sollen, die Testpflicht in Gebieten mit einer Corona-7-Tage Inzidenz unter 100 weiterhin wegfällt und nicht eingeführt wird. „Aktuell ist der Wert in Osnabrück über 100, weswegen sich Besucher vor einem Zoobesuch in einem offiziellen Testzentrum testen lassen müssen. Dadurch sowie durch die Besucherobergrenze haben wir aktuell Einbußen von bis zu 70 Prozent im Vergleich zu einem Vor-Coronajahr“, berichtet Geschäftsführer Andreas Busemann. „Würde die Testpflicht auch bei einem Wert unter 100 gelten, wie die Landespolitik es zurzeit überlegt, wäre das für uns wirklich eine weitere Hiobsbotschaft. Wir erhalten zwar Unterstützung, aber dennoch tun die Verluste sehr weh, zumal wir in dieser Jahreszeit eigentlich ein Polster für die Wintermonate erarbeiten.“ Zudem habe der Zoo ein sehr gut funktionierendes Hygienekonzept mit Onlineanmeldung, Maskenpflicht und geschlossenen Tierhäusern, weswegen eine Testpflicht unter einem Inzidenzwert von 100 dem Geschäftsführer unverhältnismäßig erscheint. „Wir bitten die Politiker hier wirklich mit Augenmaß zu entscheiden. Unsere Besucher sind die ganze Zeit an der frischen Luft und halten sich vorbildlich an die Maskenpflicht“, betont Busemann.