Gefährdete Vogelart zieht in den Zoo Osnabrück

Die beiden Mönchsgeier im Zoo Osnabrück teilen sich seit Neuestem ihr Zuhause mit einer ganz besonderen Vogelart: dem Waldrapp. Die schwarzgefiederten Ibisse sind in der Wildbahn beinahe ausgestorben und gehören zu den am stärksten bedrohten Vogelarten der Welt.

Der Weg war nicht weit für die neuen Zoobewohner: Aus dem Naturzoo Rheine zogen vor kurzem vier männliche und drei weibliche Waldrappe in den Zoo Osnabrück. „Die gänsegroßen Ibisse leben als ‚Unterbesatz‘, also als Mitbewohner der beiden Mönchsgeier in der großen, neuen Geiervoliere neben der Zoogaststätte“, erklärt Andreas Wulftange, wissenschaftlicher Kurator im Zoo Osnabrück. Mit schwarzem, aber grün und violett schimmerndem Gefieder, nacktem Kopf, einem roten Gesicht und rotem, gebogenen Schnabel sowie verlängerten Schopffedern sei der Waldrapp für Besucher ein sehr interessantes Tier. „Außerdem stellt die Vergesellschaftung der beiden Vogelarten jeweils eine Bereicherung und Abwechslung für die Tiere dar“, erklärt der Biologe. Die sieben Vögel hielten sich zu Anfang aufgrund der Witterungsbedingungen im Innenbereich auf und waren dort für Besucher nicht zu sehen. Am vergangenen Dienstag ließen die Tierpfleger sie das erste Mal auf die Außenanlage. „Bislang traute sich nur ein einziger Waldrapp in die Voliere. Er erkundete die Anlage und auch, als die Geier durch die Voliere flogen, blieb er entspannt. Bestimmt folgen ihm seine Artgenossen bald in den Außenbereich, sodass sie dann gut für die Besucher zu sehen sind“, erklärt Wulftange.

Das Zuhause der Waldrappe, die Geieranlage, ist erst seit vergangenem Herbst fertig – im September bezogen die beiden Mönchsgeier Hera und Hades die neue Anlage. Dank einer Spende der Haarmann Stiftung von 50.000 Euro und 20.000 Euro Unterstützung durch den Förderverein Osnabrücker Zoo konnte die ehemalige Geieranlage umgebaut und flächenmäßig verdoppelt werden. Bislang kennen die beiden Greifvögel das Zusammenleben mit anderen Tierarten nicht.

 

Stark gefährdete Art

Der Waldrapp gilt laut Weltnaturschutzorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature) in der Wildbahn als „stark gefährdet“ und ist eine der am stärksten bedrohten Vogelarten weltweit. „Bereits im 17. Jahrhundert war der Waldrapp in Mitteleuropa aufgrund der starken Bejagung ausgestorben. Nun laufen aber Wiederansiedlungsprojekte, die zwar sehr aufwändig sind, aber tolle Erfolge zeigen“, berichtet Wulftange. Der Bestand der Waldrappe in europäischen Zoos wird über das Europäische Erhaltungszuchtprogramm der Zoologischen Gärten in Europa koordiniert und einige der Tiere werden über die Projekte in Bayern und an anderen Standorten wiederangesiedelt. „Derzeit leben genügend Waldrappe in menschlicher Obhut, mit denen gezüchtet wird und die wiederangesiedelt werden. Wird weiterer Nachwuchs benötigt, beteiligen wir uns sehr gerne an dem Projekt“, so Wulftange. „Felshöhlen nachempfundene Holzkästen sind im Innenbereich als Brutmöglichkeiten schon vorhanden. Waldrappe brüten allerdings nur einmal im Jahr. Daher warten wir erst einmal ab – die Eingewöhnung steht jetzt an erster Stelle.“ 


Wissenswertes zum Waldrapp (Geronticus eremita)

Der Waldrapp ist ein etwa gänsegroßer Ibis, der ein Gewicht von rund 1,5 Kilogramm erreicht. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 15 bis 20 Jahren. Früher war der Waldrapp in Frankreich, der Schweiz, Deutschland, Österreich, Spanien sowie im Westen des Balkans beheimatet. Im 17. Jahrhundert ist er aufgrund intensiver Bejagung in Mitteleuropa ausgestorben, da sie als Delikatesse galten. Waldrappe ernähren sich hauptsächlich von Insekten und deren Larven, Würmern, Schnecken, Heuschrecken und Spinnen, indem sie mit ihrem gebogenen Schnabel im Boden stochern, um an Nahrung zu gelangen.

Ein bekanntes und von der Europäischen Union gefördertes Artenschutzprojekt zur Wiederansiedlung des Waldrapps ist das „Waldrappteam“: http://waldrapp.eu