Freudig-gespanntes Warten auf ersten Nashornnachwuchs

Freudig und gespannt wird im Zoo Osnabrück die erste Nashorngeburt erwartet. Nashornkuh Amalie, auch Amelie genannt, wird voraussichtlich Ende Mai ihr erstes Jungtier hoffentlich gesund zur Welt bringen. Zur Vorbereitung hat das Team in den letzten Wochen noch einige Umbauarbeiten erledigt, ein spezielles Training begonnen und viele Gespräche mit anderen Zoos geführt.

„Die anstehende Nashorngeburt ist nicht nur der erste Nachwuchs unserer Kuh Amalie, sondern auch für uns hier im Zoo Osnabrück“, berichtet Tobias Klumpe, zoologischer Leiter und zuständig für die drei südlichen Breitmaulnashörner im Zoo Osnabrück. „Die Vorfreude überwiegt bei uns, aber natürlich sind wir auch ein wenig angespannt, bei Erstgebärenden ist die Sterblichkeit von Jungtieren sowohl in Zoos als auch in der Wildbahn höher.“ Deswegen tut das Team im Nashornrevier auch alles, damit es der werdenden Mutter gut geht und alles vorbereitet ist. Ganz so viel können die Mitarbeiter jedoch gar nicht tun: „Amalie verhält sich ganz normal. Sie erhält auch das normale Futter, frisst allerdings ein bisschen mehr als sonst. Sobald sie Muttermilch produziert, etwa zwei bis drei Wochen vor der Geburt, wird sie noch mehr Futter erhalten. Ansonsten tauschen wir uns eng mit erfahrenen Kollegen national und international aus – wegen der Corona-Situation leider meistens per Videokonferenz.“ Auch aktuelle Forschungsergebnisse bezieht das Team mit ein und hat aus Studien und Erfahrungsberichten eine Art Wissenskatalog erarbeitet. „Wir haben verschiedenste Parameter notiert, die uns helfen die unterschiedlichen Phasen der Geburt einzuschätzen, zum Beispiel wie viel Zeit kann zwischen dem Platzen der Fruchtblase und der Geburt vergehen oder zwischen der Geburt und dem Aufstehen und erstmaligen Trinken des Jungtieres. Das wird uns Orientierung und Sicherheit in der aufregenden Zeit der Geburt geben. Natürlich stehen wir auch dann im ständigen Austausch mit Kollegen aus anderen Zoos, die bereits Nashorngeburten begleitet haben.“

Beheizter Unterstand im Außengehege

Darüber hinaus gab es einige bauliche Veränderungen, damit alles für das Jungtier vorbereitet ist: „Wir haben in den letzten Wochen die Anlage Jungtiersicher gemacht, das heißt überall, wo notwendig, Abstände von zum Beispiel Zäunen verkleinert. Außerdem haben wir noch einen 70 Quadratmeter großen beheizten Unterstand auf der Außenanlage und eine Trainingsvorrichtung im Stall gebaut“, zählt der zoologische Leiter auf. Letztere ist besonders wichtig, um der trächtigen Kuh in den letzten Wochen regelmäßig und stressfrei Blut am Ohr abnehmen zu können. Klumpe erklärt: „Der Trainingsstand besteht aus einer zusätzlichen Klappe in der Tür, durch die Amalie den Kopf zum Fressen rausstrecken kann. Das macht sie inzwischen schon ganz gut. Wir können dann, auf dem Gang stehend, ganz bequem für sie und uns, Blut abnehmen und demnächst engmaschig untersuchen, ob der Progesteron-Abfall schon eingetreten ist.“ Denn etwa sieben bis zehn Tage vor der Geburt sinkt dieser Wert von etwa 30 bis 35 Nanogramm pro Milliliter auf 3 Nanogramm pro Milliliter ab. „Dann wissen wir, dass es bald los geht und werden sehr wahrscheinlich auch mit Nachtwachen auf die Geburt warten. Kameras sind ebenfalls schon installiert. Wichtig ist dann, dass die Tiere, trotz ihres neuen beheizbaren Unterstandes, nachts im Stall bleiben, denn eine Außengeburt möchten wir auf jeden Fall vermeiden. Die Eingriffsmöglichkeiten sind zwar auch im Stall sehr gering, aber hier kommen wir noch etwas näher an Amalie heran“, erläutert der Biologe.

Amalie bedeutet Hoffnung

Amalie (14 Jahre) und den übrigen Tieren, Vater Miguelin (23 Jahre) und Kuh Lia (18 Jahre), ist das anstehende Ereignis nicht anzumerken, die Gruppe lebt insgesamt ruhig und harmonisch. Nun bleibt dem Team um Tobias Klumpe, Zootierarzt Thomas Scheibe und Revierleiter Franz Schelshorn nur noch eines übrig: abwarten. Errechneter Geburtstermin nach der Hormonuntersuchung des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) ist nach etwa 16,5 Monaten Tragzeit der 29. Mai, allerdings ist eine Zeitspanne vom 19. Mai bis 17. Juni möglich. Auch wenn das erwartete Jungtier zwischen 50 und 60 Kilogramm wiegen wird, von außen können wohl nur Zoomitarbeiter erkennen, dass Amalie tragend ist: „Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie eine Bauchfalte mehr bekommen hat und der Bauch wirkt etwas runder und straffer“, schmunzelt Franz Schelshorn, Tierpfleger und Revierleiter bei den Nashörnern. „Ansonsten erkennt man Amalie daran, dass ihr hinteres Horn noch kleiner ist.“ Übrigens bedeutet Amali(e) auf Suhali „Hoffnung“, ein sicherlich gutes Zeichen.


Wissenswertes zum Südlichen Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum simum)

Die Südlichen Breitmaulnashörner bewohnen die Savannen des südlichen Afrikas. Sie vertreten die größte aller Nashornarten und erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu vier Metern und ein Gewicht von zwei bis viereinhalb Tonnen. Nashörner ernähren sich von Gräsern und Kräutern. Die Savannenbewohner sind im wahrsten Sinne des Wortes Dickhäuter: Ihre Haut ist bis zu zwei Zentimeter dick. Breitmaulnashörner können nur auf kurze Distanz sehr scharf sehen – sie sind kurzsichtig – dafür umso besser riechen. Sie haben keine natürlichen Feinde und werden in menschlicher Obhut bis zu 50 Jahre alt.

Nashörner werden zumeist wegen ihrer aus Keratin bestehenden Hörner, die angeblich Heilkraft besitzen, vom Menschen gewildert, das heißt illegal bejagt. Von den Südlichen Breitmaulnashörnern gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert nur noch weniger als 100 Tiere. Dank intensiver Schutzmaßnahmen konnte sich bis heute ein Bestand von wieder rund 18.000 Tieren entwickeln (WWF 2019). Das Südliche Breitmaulnashorn gilt als potenziell gefährdet (IUCN Red List).